Meerschweinchen beißen – Ursachen verstehen und sanft abgewöhnen
Ihr Meerschweinchen beißt? Erfahren Sie die häufigsten Ursachen für Beißverhalten, wie Sie es richtig deuten und mit welchen sanften Methoden Sie Ihrem Tier das Beißen abgewöhnen können.

Meerschweinchen gelten als sanftmütige, friedliche Haustiere – und das sind sie in der Regel auch. Doch manchmal kommt es vor, dass ein Meerschweinchen beißt, zwickt oder schnappt. Für viele Halter ist dieses Verhalten überraschend und beunruhigend. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen lässt sich das Problem mit Geduld, Verständnis und den richtigen Methoden lösen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, warum Meerschweinchen beißen, wie Sie die Körpersprache richtig deuten und mit welchen bewährten Strategien Sie Ihrem Tier das Beißen sanft abgewöhnen können.
Warum beißen Meerschweinchen überhaupt?
Bevor wir über Lösungen sprechen, ist es wichtig zu verstehen, dass Beißen für Meerschweinchen ein natürliches Kommunikationsmittel ist. Anders als Menschen können sie nicht sprechen – sie nutzen Körpersprache, Laute und manchmal auch ihre Zähne, um sich mitzuteilen.
Beißen ist keine Aggression – sondern Kommunikation
Meerschweinchen sind von Natur aus friedliche Beutetiere. Sie greifen nicht aus Boshaftigkeit an, sondern reagieren auf Situationen, die sie als bedrohlich, unangenehm oder verwirrend empfinden. Ein Biss ist für sie oft der letzte Ausweg, wenn alle anderen Warnsignale ignoriert wurden.
Unterschied zwischen Knabbern, Zwicken und Beißen
Nicht jeder Kontakt mit den Zähnen ist gleich ein Biss:
Vorsichtiges Knabbern: Neugieriges Erkunden oder Zuneigung. Tut nicht weh und ist harmlos.
Leichtes Zwicken: Kommunikation unter Artgenossen oder sanfte Korrektur. Kann beim Menschen etwas unangenehm sein, ist aber kein echtes Beißen.
Festes Beißen: Verursacht Schmerzen oder hinterlässt Bissspuren. Das ist echtes Abwehrverhalten und sollte ernst genommen werden.
Die häufigsten Ursachen für Beißverhalten
1. Angst und Unsicherheit
Die häufigste Ursache: Meerschweinchen sind Fluchttiere. Wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, nicht fliehen können oder Angst vor einer Situation haben, kann Beißen eine Abwehrreaktion sein.
Typische Situationen:
- Zu schnelles Greifen von oben (erinnert an Greifvögel)
- Hochheben ohne Vorwarnung
- Festhalten trotz Gegenwehr
- Laute Geräusche oder plötzliche Bewegungen
- Fremde Menschen oder Tiere in der Nähe
Erkennungszeichen:
- Erstarrung vor dem Biss
- Zurückweichen oder Fluchtversuche
- Weit aufgerissene Augen
- Zähneklappern als Warnung
- Quietschen oder Fiepen
2. Schmerzen oder Krankheit
Wichtig zu wissen: Ein zuvor zahmes Meerschweinchen, das plötzlich beißt, leidet möglicherweise unter Schmerzen.
Mögliche Krankheiten:
- Zahnprobleme oder Zahnfehlstellungen
- Hauterkrankungen, Milben oder Pilzbefall
- Blasensteine oder Harnwegsinfekte
- Verdauungsprobleme oder Bauchschmerzen
- Verletzungen oder Entzündungen
Was tun? Wenn Ihr Meerschweinchen plötzlich beißt, obwohl es vorher zahm war, vereinbaren Sie zeitnah einen Tierarzttermin. Mehr zum Thema Krankheiten erfahren Sie in unserem Ratgeber über Meerschweinchen Krankheiten erkennen.
3. Falscher Umgang oder Stress
Häufige Fehler beim Umgang:
- Zu häufiges oder zu langes Hochheben
- Festhalten trotz Gegenwehr
- Streicheln gegen den Fellstrich
- Zu viel Trubel oder Lärm im Umfeld
- Störung beim Fressen oder Schlafen
Stressfaktoren:
- Neue Gruppenmitglieder oder Vergesellschaftungen
- Umzug oder Gehegeveränderungen
- Zu kleine Gehege mit wenig Rückzugsmöglichkeiten
- Einzelhaltung oder soziale Probleme in der Gruppe
- Kinder, die zu stürmisch mit den Tieren umgehen
4. Dominanzverhalten unter Artgenossen
Unter Meerschweinchen normal: In der Gruppe gibt es eine Rangordnung. Ranghöhere Tiere zwicken rangniedrigere manchmal, um ihre Position zu sichern.
Wann ist es problematisch?
- Wenn ein Tier dauerhaft gejagt oder gebissen wird
- Bei sichtbaren Verletzungen
- Wenn ein Tier nicht mehr fressen kann
- Bei ständigem Stress ohne Ruhephasen
Lösung: Überprüfen Sie die Gruppenzusammensetzung und bieten Sie mehr Platz und Rückzugsmöglichkeiten. Mehr dazu in unserem Guide zur Vergesellschaftung von Meerschweinchen.
5. Hormonelle Einflüsse
Besonders bei Böcken: Unkastrierte Böcke können in der Pubertät oder bei Anwesenheit von Weibchen territorialer und bissiger werden.
Bei Weibchen: Trächtige oder säugende Weibchen können sensibler reagieren und schneller beißen, um ihre Jungen zu schützen.
Lösung: Kastration kann bei Böcken das Verhalten deutlich verbessern.
6. Mangelnde Sozialisierung
Bei jungen Tieren: Meerschweinchen, die in den ersten Lebenswochen keinen positiven Kontakt zu Menschen hatten, sind oft scheuer und beißen eher.
Bei Tieren aus schlechter Haltung: Meerschweinchen aus dem Tierheim oder von Vorbesitzern können schlechte Erfahrungen gemacht haben und brauchen Zeit, um Vertrauen aufzubauen.
Lösung: Geduld, positive Verstärkung und schrittweises Training.
7. Verwechslung mit Futter
Klingt lustig, kommt aber vor: Wenn Ihre Hand nach Gemüse riecht oder Sie immer mit Leckerlis kommen, kann es sein, dass Ihr Meerschweinchen in die Hand beißt, weil es denkt, dort sei Futter.
Erkennungszeichen:
- Beißen ohne Vorwarnung
- Schnüffeln vor dem Biss
- Keine Anzeichen von Angst
Lösung: Hände waschen vor dem Kontakt und Leckerlis anders anbieten.
Körpersprache richtig deuten – Warnzeichen erkennen
Meerschweinchen warnen fast immer, bevor sie beißen. Wenn Sie diese Signale erkennen und respektieren, können Sie Bisse vermeiden:
Deutliche Warnsignale
Zähneklappern: Klares Warnsignal – “Komm mir nicht zu nah!”
Kopf hochwerfen: “Lass mich in Ruhe!”
Auf der Stelle treten: Unsicherheit oder Drohgebärde
Erstarrung: Meerschweinchen sitzt völlig still – es hat Angst und fühlt sich in die Enge getrieben
Zurückweichen: Offensichtlicher Fluchtversuch – bitte nicht weiter bedrängen
Fauchen oder Schnauben: Deutliche Abwehr
Sträuben des Fells: Besonders im Nackenbereich – Tier ist sehr aufgeregt oder verängstigt
Wenn diese Zeichen ignoriert werden, folgt der Biss
Das Problem: Viele Halter erkennen die Warnsignale nicht oder deuten sie falsch. Ein Meerschweinchen, das immer wieder in die Ecke gedrängt wird, obwohl es Zähne klappert, lernt: “Warnen bringt nichts – ich muss beißen.”
So gewöhnen Sie Ihrem Meerschweinchen das Beißen ab
Grundregel: Geduld und positive Verstärkung
Bestrafen Sie Ihr Meerschweinchen niemals für Beißen. Schimpfen, laute Geräusche oder gar Schlagen verschlimmern das Problem nur. Meerschweinchen verstehen Bestrafung nicht – sie werden nur noch ängstlicher.
Schritt 1: Ursache herausfinden
Fragen Sie sich:
- Wann beißt mein Meerschweinchen? (Beim Hochheben, beim Streicheln, im Gehege?)
- Gab es kürzlich Veränderungen? (Neues Tier, Umzug, neue Einrichtung?)
- Zeigt das Tier andere Verhaltensänderungen? (Frisst weniger, ist apathisch?)
- Ist das Tier gesund? (Tierarzt-Check!)
Notieren Sie die Situationen, in denen gebissen wird. Oft erkennt man dann ein Muster.
Schritt 2: Vertrauen aufbauen
Langsam annähern:
- Setzen Sie sich ruhig neben das Gehege
- Sprechen Sie leise und beruhigend
- Bieten Sie Leckerlis durch die Gitterstäbe an
- Lassen Sie das Meerschweinchen zu Ihnen kommen
- Erzwingen Sie keinen Kontakt
Positive Verknüpfungen schaffen:
- Ihre Anwesenheit sollte mit etwas Angenehmem verbunden werden
- Bringen Sie immer Leckerlis mit
- Sprechen Sie in ruhigem, freundlichem Ton
- Vermeiden Sie hektische Bewegungen
Dauer: Geben Sie sich und dem Tier mindestens 2-4 Wochen Zeit.
Schritt 3: Richtiges Hochheben trainieren
Vorbereitung:
- Kündigen Sie das Hochheben an – sprechen Sie mit dem Tier
- Nähern Sie sich von vorne, nicht von oben
- Lassen Sie das Meerschweinchen an Ihrer Hand schnüffeln
- Schieben Sie eine Hand unter den Brustkorb, die andere unter das Hinterteil
- Heben Sie langsam und gleichmäßig
Bei Widerstand:
- Stoppen Sie sofort
- Setzen Sie das Tier ab
- Versuchen Sie es später erneut
- Belohnen Sie schon kleine Fortschritte
Training:
- Üben Sie zunächst nur das Anfassen, ohne hochzuheben
- Dann kurzes Anheben, direkt wieder absetzen
- Langsam die Dauer steigern
- Immer belohnen nach erfolgreichem Hochheben
Schritt 4: Was tun, wenn es doch beißt?
Richtige Reaktion:
- Ziehen Sie die Hand langsam und ruhig zurück (nicht ruckartig!)
- Sagen Sie leise und ruhig “Nein”
- Brechen Sie den Kontakt ab
- Geben Sie dem Tier Raum
- Versuchen Sie später erneut
Falsche Reaktionen:
- Schreien oder schimpfen
- Hand schnell wegziehen (kann zu Verletzungen führen)
- Das Tier bestrafen
- Kontakt erzwingen
Schritt 5: Umgebung optimieren
Gehege-Check:
- Ist das Gehege groß genug? (Siehe Meerschweinchen Gehege Ratgeber)
- Gibt es genug Verstecke mit zwei Ausgängen?
- Können sich die Tiere aus dem Weg gehen?
- Ist die Gruppenzusammensetzung harmonisch?
Stressreduktion:
- Reduzieren Sie Lärm und Hektik
- Etablieren Sie feste Routinen
- Vermeiden Sie häufige Umstellungen im Gehege
- Respektieren Sie Ruhezeiten
Schritt 6: Training mit Leckerlis
Methode:
- Halten Sie ein Leckerli (z.B. Petersilie, Paprika) in der Hand
- Lassen Sie das Meerschweinchen zu Ihnen kommen
- Während es frisst, berühren Sie es sanft
- Steigern Sie langsam die Berührungen
- Wenn es ruhig bleibt, gibt es mehr Leckerlis
Wichtig:
- Kurze Trainingseinheiten (5-10 Minuten)
- Täglich üben
- Nie zu viel auf einmal verlangen
- Bei Unwohlsein sofort aufhören
Schritt 7: Geduld haben
Realistische Erwartungen:
- Vertrauensaufbau braucht Zeit – manchmal Wochen oder Monate
- Rückschläge sind normal
- Jedes Tier ist anders – manche werden nie komplett zahm
- Kleine Fortschritte sind große Erfolge
Besondere Situationen
Meerschweinchen aus dem Tierheim
Herausforderungen:
- Möglicherweise schlechte Erfahrungen
- Unbekannte Vorgeschichte
- Wenig Sozialisierung
Tipps:
- Extra viel Geduld
- Sehr langsames Vorgehen
- Professionelle Hilfe in Erwägung ziehen
- Dem Tier Zeit geben, anzukommen
Meerschweinchen-Babys
Vorteil: Junge Tiere sind meist leichter zu sozialisieren.
Wichtig:
- Schon früh an Menschen gewöhnen
- Positive Erfahrungen schaffen
- Nicht zu stürmisch sein
- Auch bei Babys gilt: Respekt vor Grenzen
Mehrere Meerschweinchen – eines beißt
Individuelles Training:
- Arbeiten Sie gezielt mit dem beißenden Tier
- Trennen Sie es für Trainingseinheiten (nicht dauerhaft!)
- Andere Tiere können als Vorbild dienen
- Belohnen Sie alle Tiere, die sich ruhig verhalten
Wann professionelle Hilfe nötig ist
Tierarzt aufsuchen bei:
- Plötzlichem Beißverhalten ohne erkennbaren Grund
- Sichtbaren Verletzungen oder Krankheitszeichen
- Verhaltensänderungen (Fressunlust, Apathie)
- Verdacht auf Schmerzen
Verhaltensberater kontaktieren bei:
- Anhaltendem Beißverhalten trotz Training
- Schweren Verhaltensproblemen
- Unsicherheit, wie man vorgehen soll
- Problemen in der Gruppendynamik
Häufige Fehler vermeiden
Fehler 1: Zu schnell vorgehen
Geduld ist das A und O. Wer zu schnell zu viel will, macht Fortschritte zunichte.
Fehler 2: Bestrafen
Bestrafung verstärkt Angst und verschlimmert das Problem.
Fehler 3: Inkonsistenz
Heute Hochheben erzwingen, morgen nicht – das verwirrt das Tier. Seien Sie konsequent.
Fehler 4: Ignorieren von Warnsignalen
Wenn Ihr Meerschweinchen Zähne klappert oder zurückweicht, respektieren Sie das.
Fehler 5: Zu viel erwarten
Nicht jedes Meerschweinchen wird ein Kuscheltier. Respektieren Sie die Persönlichkeit Ihres Tieres.
Vorbeugen ist besser als Abgewöhnen
Von Anfang an richtig machen
Bei Anschaffung:
- Kaufen Sie sozialisierte Tiere von verantwortungsvollen Züchtern oder Tierheimen
- Achten Sie auf artgerechte Haltung beim Vorbesitzer (siehe Meerschweinchen artgerecht halten)
- Fragen Sie nach Umgang und Verhalten der Tiere
Eingewöhnung:
- Geben Sie neuen Tieren Zeit, sich einzuleben
- Kein Stress in den ersten Tagen
- Langsam Vertrauen aufbauen
- Regelmäßige, kurze Kontakte
Kinder im Haushalt:
- Erklären Sie den richtigen Umgang
- Beaufsichtigen Sie junge Kinder
- Kein Festhalten oder Quetschen
- Respekt vor den Tieren vermitteln
Fazit: Verständnis und Geduld führen zum Erfolg
Meerschweinchen beißen nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus nachvollziehbaren Gründen: Angst, Schmerz, Stress oder Unsicherheit. Mit Geduld, Einfühlungsvermögen und den richtigen Methoden können Sie Ihrem Tier helfen, Vertrauen aufzubauen und das Beißen abzulegen.
Wichtig ist, die Körpersprache zu verstehen, Warnsignale zu respektieren und niemals mit Bestrafung zu reagieren. Positive Verstärkung, langsames Vorgehen und eine optimale Haltung sind die Schlüssel zum Erfolg. Geben Sie Ihrem Meerschweinchen Zeit – Vertrauen muss wachsen und kann nicht erzwungen werden.
Wenn Sie die Ursache herausfinden, die Umgebung anpassen und schrittweise trainieren, werden Sie in den meisten Fällen deutliche Fortschritte sehen. Und selbst wenn Ihr Meerschweinchen nie ein absolutes Kuscheltier wird – eine respektvolle Beziehung, in der beide Seiten die Grenzen des anderen akzeptieren, ist ein wunderbares Ziel.
Mit Liebe, Geduld und Verständnis für die natürlichen Bedürfnisse Ihrer Meerschweinchen steht einem harmonischen Zusammenleben nichts im Wege!
Häufig gestellte Fragen
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